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Sprachkurswahl in China

Oder: Ist Chinesischkurs gleich Chinesischkurs?

 

Liebe Leserschaft,

wer beschlossen hat, einen Sprachkurs in China belegen, sieht sich mit so diversen weiteren Fragen konfrontiert: welche Stadt, welche Schule, welche Dauer? Dieser Beitrag soll eine kleine Entscheidungshilfe darstellen, für alle, die einen Sprachkurs in China absolvieren möchten und noch ein bisschen überlegen, wie sie das genau gestalten.

Erst einmal: Herzlichen Glückwunsch! Der Entschluss, für einen Sprachkurs nach China zu gehen, ist ein guter und ihr werdet die Zeit in diesem Land, in dem nur die Unmöglichkeiten begrenzt sind, auf jeden Fall genießen. All die Entscheidungen, die jetzt noch zu treffen sind, sind eigentlich zweitranging, die grundlegende, wichtigste und vielleicht auch schwerste ist bereits gefallen. Ohnehin gibt es bei der weiteren Wahl kein „richtig“ oder „falsch“, vielmehr muss man sich überlegen, welche Prioritäten man setzen möchte und Entscheidungen entsprechend fällen. Ich selber habe mehrmals Sprachkurse in China gemacht, an zwei Unis und einer privaten Schule, in drei verschiedenen Städten. Ein bisschen Fachstudium habe ich auch betrieben, nur stehe ich da nicht genug in der Materie, um wirklich hilfreiche Tipps zu geben (im Zweifel – wie immer – die Chinesen eures Vertrauens fragen).

Natürlich führen viele Wege nach China, von denen nicht alle universitärer Natur sind. Wem das Schulbankdrücken nicht so liegt, der kann über ein Praktikum, einen Freiwilligendienst oder Arbeiten in China nachdenken – auch gute Ideen. Wer wiederum erstmal ein bisschen gucken will, was China so für ein Land ist, der kann mit einer kleinen Reise anfangen. Der Möglichkeiten sind viele, aber heute widmen wir uns mal dem Sprachkurs.

Meine Sprachkurskommilitonen an der Yunnan University 2012/13

Sprachkurse haben den offensichtlichen Vorteil, dass sie einem in aller Regel genug Freizeit lassen, ein bisschen China zu erkunden, seien es die Tempel um die Ecke oder die Berge am anderen Ende des Landes. Sie sind entspannt, man lernt sehr schnell sehr viele Leute aus sehr unterschiedlichen Teilen der Welt kennen und so ein gewisses Urlaubsfeeling begleitet einen die meiste Zeit. Der Nachteil ist natürlich, dass man sich auch schnell in so einer Ausländerblase wiederfindet, die zwar leicht zu durchbrechen ist, aber trotzdem nerven kann. Und naja, die meisten Chinesischlehrer sind keine großen Didaktiker, weshalb der Unterricht schnell etwas monoton wird (eine Aufforderung, die ich nie wieder bekommen möchte, ist die zum Bilden eines Beispielssatzes, zao ge ju 造个句, wie Chinesen sagen). Nimmt man das aber in Kauf, und es sind kleine Nachteile, dann kann ein Sprachkurs wirklich entspannt sein.

 

Dauer

Zunächst einmal ist natürlich zu überlegen, wie lange man einen Sprachkurs in China machen kann und möchte. Das hängt natürlich mit den verschiedensten Faktoren zusammen, z.B.

  • Wie lange habe ich frei?
  • Wie lange lässt mein Budget einen Chinaaufenthalt zu? (zur Preisfrage s.u.)
  • Möchte ich Chinesisch von Null lernen oder möchte ich bereits vorhandene Sprachkenntnisse ausbauen?
  • Möchte ich Urlaub machen oder im Anschluss an den Sprachkurs z.B. auf Chinesisch studieren / arbeiten?

Mein Tipp: Letztlich sollte man wohl so lange seinen Chinesischkurs machen, wie man ihn braucht und wie lange es einem Spaß macht. Vermeiden sollte man, jahrelang Chinesischkurse zu belegen und irgendwann dort ein bisschen zu versauern – ja, solche Leute gibt es. Wagt dann doch mal einen Blick in all die wunderbaren Welten, die euch eure Chinesischkenntnisse öffnen.

 

Privat oder Uni?

Eine der grundlegendsten Fragen bei der Wahl des Chinesischkurses ist wohl, ob man an einer Uni oder einer Privatschule lernen möchte. Natürlich haben beide ihre Vor- und Nachteile, die es abzuwägen gilt. Zum einen sind Privatschulen natürlich deutlich teurer als Universitäten, für deren Sprachkurse man mit etwas Glück gar ein Stipendium bekommen kann. Dafür haben Privatschulen aber auch besseren Service und kümmern sich mehr um ihre Schüler (…zumindest idealerweise). Zum anderen ist es auch eine Frage der Dauer, denn viele Universitäten haben eine Mindestlänge für Sprachkurse (z.B. ein Semester, an manchen auch kürzer), die es bei Privatschulen nicht gibt.

Selfies nach Unterrichtsschluss an der Nanjing University 2017/18

Mein Tipp: Uni! Ich bin Studentin aus vollem Herzen und mag die Uniatmosphäre. Wenn Universitäten nicht so eure Welt sind (durchaus verständlich), sind private Sprachschulen vielleicht die bessere Option.

 

Ort

Auch bei der Wahl des Ortes sind diverse Faktoren zu bedenken:

  • Lebenshaltungskosten: Die Lebenshaltungskosten sind in China immer so eine Sache und schwer pauschalisierbar. Z.B. ist in Kunming die Miete niedrig, aber Nachtleben und ÖPNV teuer. In Nanjing ist es genau andersherum. Generell lebt es sich im Westen günstiger als im Osten Chinas.
  • Dialekt: An den meisten Orten in China wird nicht das (Pekinger) Mandarin gesprochen, das ihr im Sprachkurs lernen werdet. In manchen Gegenden sprechen die Menschen eine Variante davon, in anderen wiederum eine komplett andere Sprache. Was nun besser ist, ist eine knifflige Frage. Lernt ihr in einer Region, in der ein Mandarin-artiger Dialekt verbreitet ist, werdet ihr euch zwar nach einer Weile einhören, aber eventuell selber anfangen, vom Standardchinesisch abzuweichen. Lernt ihr wiederum in einer Gegend, in der eine von Mandarin komplett abweichende Sprache gesprochen wird, ist die Chance höher, dass wenn Menschen Mandarin sprechen, dieses auch halbwegs dem Standard entspricht.
  • Reisestrategische Lage: Sehr wichtig! Gibt es eine Region Chinas, die ihr ohnehin schonmal erkunden wolltet? Dann macht den Sprachkurs dort! Am Wochenende werdet ihr viel Zeit haben, das Umland etwas zu entdecken.
  • Grad der Verwestlichung: Manche chinesische Städte haben westlichen Schnickschnack, manche weniger. Wie wichtig ist es euch, täglich Käse zum Frühstück essen zu können? Auf Leute zu treffen, die ein paar Worte Englisch sprechen? Oder: Wie viel Wert legt ihr darauf, „das authentische China“ (so es denn existiert) zu erleben? Nicht an jeder Ecke anderen Ausländern zu begegnen? Beide Sichtweisen sind irgendwie legitim und sollten bei der Wahl des Ortes für den Sprachkurs eine Rolle spielen.
  • Qualität / Ruf (bei Unis): Wem der Ruf der Uni des Chinesischkurses wichtig ist, der sollte einen Blick auf aktuelle Rankings werfen und (wie überhaupt bei allem) Chinesen fragen, welche Unis als schick gelten. Vielleicht kann man auch ein paar andere Ausländer kontaktieren, die an einer chinesischen Uni waren, wie sie die Qualität der Lehrveranstaltungen einschätzen und ob der (gute / schlechte) Ruf gerechtfertigt ist.

Mein Tipp: Überlegt euch eure Prioritäten und sucht euch entsprechend einen Ort aus. Dass eine Stadt alles hat (und nicht hat), was ihr euch wünscht, ist nicht sehr wahrscheinlich, aber versucht einfach, möglichst nah dranzukommen. Der Ruf der Uni ist bei einem Sprachkurs nicht sonderlich entscheidend, es sei denn, ihr möchtet im Anschluss ein Studium dort absolvieren. Meine Lieblingsstädte in China sind übrigens Kunming, Chengdu und Peking. Aber es gibt noch viel zu entdecken!

 

Fazit

Obwohl es ein Riesenland ist, ist China letztlich China. All diese Faktoren wirken vielleicht viel, aber irgendwie sind sie nicht allzu wichtig – denkt ein bisschen über all das nach und macht dann Nägel mit Köpfen. Wenn ihr dort seid, belegt brav eure Kurse, aber seilt euch irgendwann ab, macht ein Praktikum, studiert auf Chinesisch, erkundet das Reich der Mitte. Viel Spaß in China!

 

Eure sprachkurserprobte Charlotte

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