Oder: Durch Ägyptens Hauptstadt
Liebe Leserschaft,
zugegeben: Es war ziemlich still auf UNTERWEGSZEILEN. Diese Stille liegt immer an einem von zwei Gründen: Die Verfasserin der ZEILEN ist selber UNTERWEGS, oder aber, in gewisser Weise das Gegenteil, sie ist semesterbedingt an ihren Göttinger Elfenbeinturm gekettet und verbringt ihre Tage in muffigen Bibliotheken beim Tippen irgendwelcher Hausarbeiten, die ohnehin niemand bis auf ihren Dozenten lesen wird (was irgendwie in Ordnung ist, bedenkt man die Liebe, die in diese Hausarbeiten fließt, nämlich gar keine).
Jedenfalls ist in diesem Fall ist der Grund ersterer und somit durchaus erfreulich. Ich war in Ägypten! Und zwar in Kairo und Sharm El-Sheikh zum World Youth Forum. Heute soll es erstmal ein bisschen um Kairo gehen, eine sehr coole, sehr quirlige, sehr imposante Stadt.
Alles in Kairo ist Geschichte. Es beginnt bei DEM Wahrzeichen Ägyptens, den Pyramiden, die locker viereinhalb Jahrtausende alt sind, bis hin zum Tahrir-Platz, der 2011 zum Synonym der Revolution während des Arabischen Frühlings wurde. Als leicht blauäugiger, gerne romantisierender Tourist denkt man sich, dass sogar der Staub auf der Kairoer Straße von irgendeinem antiken Gemäuer abgebröselt ist; viel wahrscheinlicher ist es aber wohl, dass der jüngste Wüstenwind ihn mitgebracht hat (was allerdings auch ziemlich cool ist).
Kairo schläft nicht. Wenn es abends kühler wird, beginnt das Leben in den Kaffeehäusern und auf den Straßen, und wer nachts erwartet, hier auf eine irgendwie unheimliche, gespenstische, gefährliche Stadt zu treffen, der hat seine Rechnung ohne die Damen (!) und Herren und Straßenkatzen Kairos gemacht.
Aber was macht man hier tagsüber? Nun, durch Geschichte spazieren.
Antikes Ägypten
Ägypten war schon immer einer jener Teile der Welt, in denen man sich traf. Es ist irgendwie afrikanisch und irgendwie arabisch, war historisch pharaonisch ebenso wie griechisch-römisch. Hauptattraktion, wohl nicht ganz zu Unrecht, sind natürlich die Pyramiden von Gizeh, eine Dreiviertelstunde mit dem Auto vom Kairoer Zentrum entfernt, und es ist sicherlich geschickt, den Besuch hier zu beginnen.
In Gizeh stehen nicht, wie ich bis zu meiner Ägyptenreise angenommen hatte, drei Pyramiden, sondern neun. Die drei großen Pyramiden sind die letzten Ruhestätten der Pharaonen Cheops, Chephren und Menkaure, die alle im 26. (!) Jahrhundert v. Chr. herrschten; in den sechs kleineren ruhen einige der Ehefrauen Menkaures und Cheops‘. In den Kammern und Gängen der Pyramiden fand sich alles, was so ein Pharao im Jenseits, dem Lande Osiris‘, brauchen könnte, von kleinen Amuletten und Waffen bis hin zum Cheopsboot, das sich, in seine Einzelteile zerlegt, im Cheopspyramidenkomplex befand und heute in wieder aufgebauter Form (43 m Länge! 43!) bestaunt werden kann.
Die Pyramiden sind durchaus imposant (man bedenke übrigens nur kurz, dass die Steine aus weiter Entfernung durch Menschen an diesen Ort transportiert wurden) und sind, wie allgemein bekannt, von einer nicht minder imposanten Sphinx bewacht – die wohl leider trotz allem machtlos war gegen die Grabräuber, die diese Schatzkammern im Laufe der Jahrhunderte immer wieder plünderten. Ein beachtlicher Teil der Schätze findet sich zudem in den Museen der Welt und im Nationalmuseum Ägyptens am Tahrir-Platz, das definitiv einen Besuch wert ist und den auch ich ihm abgestattet habe (Mumien!).
Doch auch bei neun Pyramiden hört Ägypten natürlich nicht auf. Das Land kannte 32 Dynastien, die drei Jahrtausende spannten, und somit natürlich eine beachtliche Anzahl Pyramiden, von denen einige gar heute in Vergessenheit geraten sein mögen. Recht bekannt ist die Stufenpyramide von Sakkara, vom architektonischen Genie Imhotep persönlich entworfen für Pharao Djoser.
Diese Pyramide ist das älteste erhaltene Steinbauwerk der Welt und befindet sich, wie auch die Pyramiden von Gizeh, in einer größeren Nekropole, die mehrere Grabmäler enthielt. Die Kammern dieser Bauwerke können heute z.T. besichtigt werden und sind innen und außen mit Hieroglyphen sowie das Böse abwehrenden Zeichen wie Horusaugen und Kobras (die für Langlebigkeit stehen) versehen.
Zu dieser Zeit war Kairo nicht die Hauptstadt Ägyptens. Vielmehr wechselte die Hauptstadt zwischen mehreren Orten, wie Theben oder Memphis (ähnlich übrigens der chinesischen Geschichte). Letztere Stadt, damals Zentrum für Industrie und Handel, lag sehr nah am heutigen Kairo und einige ihrer Schätze können ebenfalls besichtigt werden. In einem Freilichtmuseum sind hier Stelen, Statuen und Altäre ausgestellt, doch am beeindruckendsten ist wohl die Statue Ramses‘ II., die ganze 10 m hoch war und die heute waagerecht exponiert wird.
Islamisches Kairo
Kairo wurde 639 von den Arabern erobert, die den Islam mit sich brachten. Seither prägt die Religion in all ihrer Vielfalt das Straßenbild und das Leben der Stadt. Natürlich ist islamisches Kairo nicht gleich islamisches Kairo, ebenso wie pharaonisches Kairo nicht gleich pharaonisches Kairo ist. Über Ägypten herrschten nacheinander die arabischen Abbasiden, die kurdischen Ayyubiden, die Fatmiden / Berber, die Mamluken und die Ottomanen. Sie alle waren islamisch geprägt und hinterließen alle ihre Spuren in Kairo.
Definitiv sehenswert ist die Zitadelle Kairos, die im 12 Jahrhundert von Scheich Saladin erbaut wurde und die der Verteidigung Kairos vor den Kreuzzügen diente. Sie umfasst verschiedene Verteidigungsanlagen, einen Brunnen, zwei Moscheen und heute auch einige Museen. Am schönsten sind hier wohl die Aussicht über Kairos Dächer und die Moscheen: die Moschee des an-Nasir Muhammad (14. Jahrhundert) und die die Muhammad-Ali-Moschee (19. Jahrhundert).
Im Islamischen Kairo (Islamic Cairo) befindet sich zudem der Markt (souk) Khan el-Khalili. Dieser alte Markt hat bis in den späten Abend geöffnet und bietet neben Ständen mit Waren für den Alltag von Kairoern und Touristen auch ein bisschen Straßenküche und Kaffeehäuser.
Modernes Kairo
Doch bis heute wird in Kairo Geschichte geschrieben. Wer 2011 ab und an mal eine Zeitung auch nur in der Hand hatte, kennt den Namen Tahrir-Platz. Hier fanden im Arabischen Frühling große Proteste gegen den damaligen Machthaber Hosni Mubarak statt, die diesen schließlich zu Fall brachten. 2013 kam es hier wieder zu Protesten gegen den neuen Präsidenten Mohamed Mursi von der Muslimbruderschaft, auch er wurde abgesetzt und seither bekleidet Abdelfattah El-Sisi das Amt des Präsidenten. So ganz grün sind auch mit ihm die meisten Ägypter nicht, aus verständlichen Gründen (die Menschenrechte und so, naja), es bleibt also abzuwarten.
Der eigentliche Tahrirplatz ist allerdings nicht sonderlich spektakulär. Das heutige, riesige Kairo (fast zehn Mio. Einwohner!) in all seiner Lichterpracht sieht man am besten abends vom Cairo Tower aus, der in den 1950ern an der Nilpromenade erbaut und in den 2000ern renoviert wurde. Wer noch Geld am Boden seiner Reisekasse entdeckt, kann hier auch ein Käffchen zu sich nehmen.
Reisepraktisches
Sicherheit: Alles in allem ist Kairo sicher. Natürlich sollte man an keinem Ort der Welt leichtsinnig mit seinen Wertsachen umgehen oder nachts durch dunkle Gassen wandeln, und das gilt in Kairo wohl etwas mehr als anderswo. Aber gefährlich ist es hier nicht, zumal man auch abends keine Betrunkenen trifft – auch was wert.
Transport: Zu den Pyramiden und anderen Zielen außerhalb Kairos bucht man am besten eine Tour über die Unterkunft oder einen Reiseveranstalter, denn die sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ganz leicht zu erreichen. Es gibt eine Metro (übrigens mit ein paar Waggons nur für Frauen), die einige, aber nicht alle Teile Kairos anfährt. Taxis sind durchaus erschwinglich und werden noch erschwinglicher, wenn man eine gewisse Sturheit bei Preisverhandlungen an den Tag legt.
Unterkunft: Da der Tourismus seit 2011 zurückgegangen ist, mangelt es nicht an brauchbaren Unterkünften zu niedrigen Preisen. Bei Interesse erzähle ich auch gerne ein bisschen von meinem Hostel am Tahrirplatz, schreibt dazu einfach eine Nachricht.
Liebe Leserschaft, wart ihr schonmal in Kairo? Was hat euch besonders gefallen? Und liebt ihr eher antike Bauwerke oder moderne Glitzertürme?
Eure sicher zurückgekehrte Charlotte
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