Oder: Weniger ist mehr

Cover Image: So hält man Essstäbchen richtig. Bild "Chopsticks usage" von Wikipedia-Nutzer Hiaeoupyc, veröffentlicht unter CC BY-SA 3.0 - Lizenz

Liebe Leserschaft,

wie war eure erste Reise nach China? Oder steht sie etwas noch bevor? China ist ein superinteressantes Land, das Anfängern ebenso wie alten Hasen tolle Ziele bietet. Nachdem der erste Teil der coolen neuen Miniserie „Schritte nach China“ allgemeine Hinweise vor der (ersten) Chinareise enthielt, steigen wir nun ein in die konkrete Planung der Reise nach China. Wohin soll es gehen? Mit welchem Gefährt kommt man dahin? Und wie ernährt man sich währenddessen noch?

 

Ziele

Tipps für mögliche Ziele einer ersten Chinareise zu geben, ist ehrlich gesagt immer etwas schwer, da sie doch schnell etwas pauschal werden – wer Millionenstädte schon immer anstrengend fand, dem wird Shanghai nicht unbedingt gefallen. Und: Wer schon viel gereist ist, fühlt sich vielleicht eher zu Orten hingezogen, die weiter abseits der „ausgetretenen Pfade“ liegen (was auch immer das sein soll – liebe Reiseinfluencer von Instagram, habt ihr da eine Antwort?). Egal – hier mal ein paar Vorschläge. Diese Orte habe ich alle selber besucht, da allerdings meine Fotoskills mehr als dürftig sind, muss ich mich (wie immer) gemeinfreier Fotos zur Illustration bedienen. Los geht’s:

Peking

Beginnt ganz klassisch in der Hauptstadt, auch unter dem Aspekt der Flugroutenplanung praktisch. Von hier aus herrschten jahrhundertelang Kaiser über ein riesiges Reich, hier verkündete Mao die Volksrepublik, hier geschah geschichtlich einfach unheimlich viel. Die Große Mauer streckt sich durch weite Teile Chinas, aber in Peking ist sie am leichtesten zu erreichen. Besucht die Verbotene Stadt, aber meidet die Touristenströme und schaut euch auch die Nebengebäude an, idealerweise frühmorgens und idealerweise abgerundet durch einen Besuch im Jingshan Park, von dem aus die Aussicht auf die Verbotene Stadt wirklich schön ist.

Shanghai (und Umgebung)

Der andere Klassiker. Glitzer, Business, Nachtleben, die hektische, zugleich aber auch die glamouröse Seite Chinas. Zudem bietet die Umgebung von Shanghai einige ganz interessante Orte an, die sehr bequem per Zug erreicht werden können, z.B. Hangzhou, Suzhou oder (nicht mein Geschmack aber naja: ) Nanjing.

Xi’an

Die Terrakotta-Armee! Wirklich beeindruckend. Zugegebenermaßen bietet Xi’an nicht allzu viel mehr (Fahrradfahren auf der alten Stadtmauer, anyone?), aber trotzdem ist der Ort ganz schön, wie ich finde. Außerdem bekommt man hier ganz gut vor Augen geführt, dass ein großer Teil Chinas in der Wüste liegt.

Guilin

Ebenfalls ein Klassiker: Eine Flussfahrt von Guilin nach Yangshuo auf dem Li-Fluss. Auch hier gilt es, irgendwie den Touristenströmen zu entkommen, aber sowohl in Guilin als auch in Yangshuo kann man ein bisschen wandern oder radfahren, ohne ständig Leuten mit Selfiesticks zu begegnen (wer würde denn sowas benutzen… * hust *).

 

Das so als Reisetipps, aber natürlich wirklich nur Tipps. Die Vorteile der genannten Orten dürften auf der Hand liegen: Sie sind leicht zu erreichen (mehr zu Transportmitteln gleich), verfügen über öffentliche Transportmittel, die relativ leicht zu navigieren sind (als Fußgänger IMMER auf den Verkehr achten!) und mit etwas Glück findet man vielleicht auch jemanden, der ein bisschen Englisch spricht. Und falls es euch überkommt: Hier steht allerorts McDonalds.

Natürlich haben „Reiseklassiker“ immer den offensichtlichen Nachteil, dass sie hier und da überlaufen sein können. Wenn man nicht aufpasst, sieht man z.B. von der Verbotenen Stadt weniger als von den Mitbesichtigern (und ihren Handydisplays). „Abseilen“ lautet das Zauberwort: Guckt, wo alle hingehen, und löst euch davon. Das funktioniert in China ganz hervorragend. Ein anderer Nachteil chinesische Großstädte ist die Luftqualität, bzw. Mangel derselben. Eine Maske mit eingebautem Filter kann da Abhilfe schaffen.

Tipps für Ziele sind ohnehin immer schwer, gerade bei China, das so viele interessante Städte zu bieten hat. Letzten Endes ist es aber auch gerade auf der ersten Chinareise egal, wohin man fährt, es ist ohnehin alles neu und aufregend und interessant. Leute besuchen kann dabei ein guter Kompromiss sein zwischen der Suche nach „dem echten China“, sofern es das, wie schon im letzten Eintrag kurz angesprochen, überhaupt irgendwo gibt, und dem (deutschen?) Bedürfnis nach Vorhersehbarkeit. „Authentisch“ trifft „bekannt“, sozusagen. Kennt ihr Chinesen? Wahrscheinlich werden sie euch früher oder später einladen, und wenn ihr das Gefühl habt, dass die Einladung ernst gemeint ist, scheut euch nicht, sie anzunehmen. Ihr habt es mit einem Europäern gegenüber sehr gastfreundlichen Volk zu tun.

Eine andere Sache ist aber noch ganz wichtig: Weniger ist manchmal mehr. China hat eine etwa gleich große Fläche wie Europa, und wir alle kenne das Klischee über chinesische Touristen, die diesen Kontinent in zwei Wochen sehen wollen. Ein gleiches Unterfangen stellt die Besichtigung Chinas in einem solch kurzen Zeitraum dar. Man kann es nicht schaffen. Wenn ihr wirklich etwas sehen wollt, gönnt euch pro Ziel allerallerallermindestens drei bis vier volle (!) Tage. Nicht vergessen: Am Anfang kann man noch gejetlagged sein, aber das variiert natürlich von Person zu Person.

 

Transportmittel

Eine vertraute Umgebung für China-Einsteiger kann das Flugzeug bieten, mit dem man zwischen den Metropolen dieses Landes umherjettet. Aber auch Flugangsthasen kann ich beruhigen: Das chinesische Zugnetz ist super. Es gibt extrem schnelle und extrem langsame Züge und natürlich alles dazwischen, also tobt euch aus! Am modernsten und schicksten sind die Gaotie-Züge, die dem chinesischen ICE entsprechen. Aber auch Fahrten in langsameren Zügen haben ihren Charme und gehen mit der richtigen Taktik auch fix rum. Generell sind ein paar Brocken Chinesisch für das Zugfahren nützlich, aber solange man weiß, wo man sitzen soll und wann man wo aussteigt, ist man eigentlich auch nicht zwingend auf Sprachkenntnisse angewiesen.

 

Essen

Der Vorteil daran, sich bei der ersten Chinareise in Großstädten aufzuhalten, liegt in ihrem weiten Angebot „westlicher Küche“. Aber esst bitte trotzdem schön viele chinesische Gerichte! Ein paar Speisen, die nicht nur, aber auch unter China-Einsteigern recht beliebt sind:

Gongbao jiding 宫保鸡丁: Huhn mit Erdnüssen und Chili

Pai huanggua 拍黄瓜: kalte Gurke mit Knoblauch

Yuxiang qiezi 鱼香茄子: „nach Fisch duftende Aubergine“ – sehr lecker (und nicht nach Fisch schmeckend oder riechend)

Fanqie jidan 番茄鸡蛋 (im Norden, also jenseits meines China Homes, Xihongshi jidan 西红柿鸡蛋): Ei mit Tomate

Jiaozi 饺子: Gefüllte Teigtaschen. Schwer mit Stäbchen zu essen, aber der Geschmack macht die Schlabberei wieder wett

Lanzhou lamian 兰州拉面: lange Nudeln aus Lanzhou, mit Fleisch oder Gemüse aller Art. Diese Restaurants bieten meist an der Wand eine Speisekarte mit Bildern, Rettungsanker für hungrige Reisende ohne Sprachkenntnisse.

Tangcu liji 糖醋里脊: Schwein süß-sauer, unendlich viel besser als beim deutschen Chinaimbiss

Ach, die Liste ließe sich noch fortsetzen, aber ich denke, mit diesen sieben Gerichten sind Chinaneulinge ganz gut bedient (im wahrsten Sinne des Wortes). Und seid experimentierfreudig! Wenn ihr etwas Leckeres auf den Tellern anderer Gäste seht, bestellt es euch einfach selber. Kostet von der Straßenküche, ihr werdet es nicht bereuen. Lasst euch von eurer Nase leiten.

A propos: In China ist Leitungswasser nicht trinkbar. Also kauft immer Wasser in Kiosks und achtet rein routinemäßig darauf, dass die Flasche beim Öffnen knackt.

Liebe Leserschaft, habt ihr noch Fragen zu eurer ersten Chinareise? Bzw. was habt ihr auf eurer ersten Tour in dieses wunderbare Land erlebt und unternommen? Setzt ihr beim Reisen eher auf sichere Pfade oder erkundet ihr lieber Orte, die nicht im Reiseführer stehen?

Eure mal wieder von Chinaheim/fernweh überkommene Charlotte