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Zurück in Kunming, meinem „China Home“

Oder: Auch das ist China

Liebe Leserschaft,

wer eine Weile in einem anderen Land verbracht hat, entwickelt irgendwann ein wenig Heimatgefühle für einen bestimmten Ort dort, meist wohl den, an dem man sich die meiste Zeit aufgehalten hat. China ist da keine Ausnahme und so sprechen viele Expats von einem „China Home“ – das chinesische Zuhause also, das das ursprüngliche nicht ersetzen kann, an dem man sich aber trotzdem irgendwie wohl und beheimatet fühlt. Meines ist, große Überraschung, Kunming in der Provinz Yunnan.

Aufmerksame Blogleser werden sich erinnern: In Kunming, mit knapp 4 Mio. Einwohnern die Hauptstadt der Provinz Yunnan in Südwestchina, unweit der Grenzen zur Vietnam, Laos und Myanmar, habe ich 2012/13 und 2014/15 jeweils etwas über ein Jahr verbracht und die Zeit dort sehr genossen. Man könnte jetzt lange über die Stadt schreiben, ohne wirklich zu einem Schluss zu kommen, man muss sie wohl selber gesehen haben. Man liebt Kunmings Sonne, Entspanntheit und reisestrategisch ausgesprochen günstige Lage. Man klagt aber auch über die Abwesenheit von Heizungen, wenn es dann doch mal kalt wird, Trägheit und gelegentlichen Filz. Man lässt sich von der ethnischen Vielfalt Kunmings und Yunnans in ihren Bann ziehen und ist doch ob der häufig zu sehenden Armut irgendwie betrübt. Man verfolgt mit Spannung die rasante Entwicklung der Stadt und fragt sich aber auch, wie viele Dörfer noch den Hochhäusern weichen sollen. Und fragt sich nebenbei, wann ENDLICH die U-Bahn-Linie eröffnet, die den Flughafen mit der Stadt verbindet.

Es hilft auch nicht, dass es im Prinzip zwei Kunmings gibt: das alte und das neue, denn vor ein paar Jahren wurde beschlossen, dass das Zentrum Kunmings umzieht, und zwar nach Chenggong, ca. 30 km südöstlich vom ursprünglichen Zentrum. Umziehen bedeutet: Verwaltung, Universitäten und Wirtschaft werden umgesiedelt und auf der (buchstäblich) grünen Wiese wieder aufgebaut. Das Ergebnis ist Chenggong New Town, das auf manche schick, modern und ordentlich wirkt, auf andere steril und irgendwie künstlich. Ich mag es dort. Aber ich kann es auch niemandem so richtig übel nehmen, wenn er anderer Meinung ist.

Das besondere an Kunming und Yunnan ist, dass sie einem vor Augen führen, dass China ein Vielvölkerstaat ist. Das vergisst man schnell, wenn man durch Peking oder Shanghai wandelt. Die chinesische Bevölkerung setzt sich zu 92% aus Han-Chinesen zusammen, doch die übrigen 8% sind nicht zu vergessen. Sie finden sich v.a. an den „Rändern“ Chinas und setzen sich aus 55 ethnischen Minderheiten zusammen, von denen die größeren auch in Europa bekannt sind, z.B. die Tibeter oder die Uighuren. Es gibt aber auch einige sehr kleine wie die Jinuo, die nur auf einem bestimmten Berg im tiefen Süden Yunnans leben und sonst nirgends. Und überhaupt: In Yunnan gehört einer von drei Chinesen einer ethnischen Minderheit an, und dieses Drittel setzt sich wiederum aus über 20 verschiedenen Gruppen zusammen. Aber dazu später mehr.

Das so zu Kunming. Bald folgen noch genauere Berichte und sogar ein ganz paar Fotos vom Wochenende in
Kunming.

Eure mittlerweile nach Nanjing zurückgekehrte Charlotte

 

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