Oder: Ein Wochenendausflug
Liebe Leserschaft!
„Und ist das auch ein Palast?“, fragt die ausländische Heldin, die eines Winterabends samt schwerem Rucksack auf dem Gepäckträger eines eher lichtlosen Fahrrads durch die Innenstadt Den Haags transportiert wird. Während sie sich tapfer am Gefährt festkrallt, hat ihre Gastgeberin, eine waschechte Holländerin, die sie in China kennen gelernt hat, ihre deutsche Fracht auf diverse an ihnen vorbeirauschende königliche Prachtbauten und Paläste aufmerksam gemacht. Diese hat versucht, sich so viel wie möglich zu merken und, soweit ihr Gleichgewichtssinn dies zulässt, auch tatsächlich kurz zu sehen. Und hier fiel ihr Blick auf ein ebenfalls royal anmutendes Gebäude, was sie zu einer entsprechenden Nachfrage bewog. „Das?“, fragt ihre Gastgeberin und kichert kurz. „So halb. Das ist der Stall, der Stall der königlichen Pferde.“ Schick, schick, denkt sich die ausländische Heldin, die Pferde haben es sicher gut. Und hält sich weiter fest.
Also, ja, ich war ein paar Tage in Den Haag, zu Besuch bei Elisabeth, einer der Stars meines alten Blogs. Mir ihr habe ich nicht nur ein Jahr zusammengewohnt, sondern auch schon einiges an Reiseabenteuern in China, Vietnam, Laos, Thailand, Deutschland und England erlebt. Und nun in den Niederlanden!
Die Bevölkerung Den Haags ist mit einer halben Million etwa so groß wie die Hannovers oder Leipzigs, doch ist die Stadt ungeheuer wichtig. Zum einen ist sie zwar nicht Hauptstadt, aber immerhin Regierungssitz der Niederlande, mit allem, was dazugehört; zum anderen sind hier 150 internationale Organisationen ansässig, die Vereinten Nationen und nicht zuletzt auch der Internationale Gerichtshof, der Internationale Strafgerichtshof oder der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien.
Das Haager Stadtzentrum ist ganz hübsch. Wie gesagt – es ist alles sehr königlich, allerorts entdeckt man Türmchen und altes Gemäuer. Alles aufzuzählen, wäre etwas langwierig und wenig zielführend, ich kann nur alle auffordern, selber einen Blick auf die Stadt zu werfen! Besonders empfehlen kann ich z.B. das Mesdag Panorama aus dem Jahr 1880, das ein 360°-Panorama des Strandes bei Scheveningen (heute Teil Den Haags) zeigt. Ende des 19. Jahrhunderts waren Panoramen dieser Art der letzte Schrei und man baute sie so, dass sie in ihre Bestandteile zerleg- und somit transportierbar waren. Da in diesem Museum zwischen Betrachter und Bild Sand aufgeschüttet wurde, scheint das Panorama tatsächlich dreidimensional, eine wirklich gelungene optische Täuschung. (Wer sich unter meinen vielleicht leicht wirren Beschreibungen wenig vorstellen kann, dem sei die Homepage des Mesdag Panoramas ans Herz gelegt: http://www.panorama-mesdag.nl/english/ – ich schaffe beim besten Willen keine bessere Schilderung). Für alle, die den „Distelfink“ oder „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ gelesen haben, ist ein Besuch im Mauritshuis empfehlenswert, denn hier werden die zwei titelgebenden Werke ausgestellt. In einem ganz hübschen Gebäude übrigens.
Und so weiter! Essensmäßig ist in Den Haag auch viel los. Wir waren Pfannkuchen essen (merke: Niederländer essen herzhaften Pfannkuchen, z.B. mit Käse, grundsätzlich mit zähem, süßem Sirup) und indonesisch (sehr, sehr lecker!). Dann gibt es noch ein Schokoladenkaffee, bei dem man zu jedem Getränk, ganz gleich, ob Kaffee, Tee oder Saft, ein kleines Schokoladenmousse und ein Trüffel bekommt. Wer dann noch nicht genug hat, kann aus der schokoladigen Auslage ein paar Exemplare für daheim auswählen.
Auch das von Mesdag in seinem Panorama dargestellte Scheveningen kann besucht werden. Auf dem Weg dorthin empfiehlt sich ein kleiner Zwischenstopp im Madurodam, wo bekannte Bauwerke, von der mittelalterlichen Burg bis hin zum Flughafen Schiphol, im Minaturformat zu bestaunen sind. Das war echt lustig! Scheveningen selbst war einst ein Fischerdorf, das nun v.a. für seinen Strand bekannt ist. Um dorthin zu gelangen, muss die eine oder andere Düne erkommen werden, doch die Aussicht über die brausende Nordsee macht den Anstieg wett.
Nachdem wir Den Haag und Scheveningen erkundet hatten, fuhren wir kurz nach Amsterdam (holländische Städte sind echt nicht sonderlich weit auseinander…), wo wir Elisabeths Familie einen kleinen Besuch abstatteten. Und! Da das Wochenende noch nicht kakaohaltig genug war, suchten wir einen kleinen Laden auf, der nur eine Sorte Keks verkauft – Schokolade. Mit einer Füllung aus weißer Schokolade. Allein die Luft in diesem Geschäft roch so gut, dass man an ihr knabbern wollte, von den Keksen mal ganz zu schweigen.
Eure schokoladige Charlotte